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Frauen als Künstlerinnen
 
Auszüge aus dem Arbeitstext zur Radiosendung “ Die Kunststunde “ am 26.02.2015
 (Hinweis: die Zitate und Quellen sind nicht gekennzeichnet !)

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Navi Web 2014 oben

 kuenstlerin-kl  Thema: Können Frauen gute Kunst schaffen?

Hallo liebe Kunstfreunde,

heute betrete ich mal ganz dünnes Eis, denn es geht um Frauen in der Kunst – oder genauer: um Frauen als Kunstschaffende. Können Frauen das überhaupt - gute oder bedeutende Kunst schaffen? Oder bleiben sie immer nur Modell?
Kunst kommt von „können“, sagt der Volksmund, und es gibt rein sprachlich zwar „Könner“, aber keine „ Könnerinnen“ oder „ Könninnen“. Selbst bei der Kochkunst – und ich sehe sie durchaus als eine Kunst – sind an der Spitze fast nur Köche, also Männer, zu finden. Gibt es Ein-Zwei-Drei-Sterne Köchinnen?
Und bleiben wir bei der bildenden Kunst:
Unter den ersten 20 Künstlern beim bekannten Ranking "Kunstkompass" finden sich gerade einmal drei Frauen.
Das vor wenigen Jahren gegründete Museum Frieder Burda nennt auf seiner Künstlerliste 77 Künstler und 7 Künstlerinnen.
Der jährlich vergebene avantgardistische Turner Prize der Tate Gallery wurde (bis 2009) von drei Frauen und zweiundzwanzig Männern gewonnen.
Weniger als 3 Prozent der Künstler im Museum of Modern Art New York waren 1993 Frauen, 83 Prozent aller Akte dagegen weiblich.
Eine Untersuchung zur Frauenpräsenz in Düsseldorfer Kunstinstitutionen von 1999 ergab beispielsweise in der Kunsthalle in den letzten 30 Jahren 167 Einzelausstellungen von Männern und 8 Einzelausstellungen (4,6 %) von Frauen.

Also: Was ist los? Interessieren sich Frauen nicht für Kunst? Liegt `s an den Genen? Werden die Frauen unterdrückt? Verhindert ein allgegenwärtiges Patriarchat die künstlerische Entfaltung der Frau? Und wird eine emanzipatorische Kunst von Frauen nicht eine Kunst für Frauen, also eine Art Frauenkunst – bzw . Hausfrauenkunst, O-Ton Gerhard Richter) ? Daran möchte ich lieber nicht denken, wenn ich mir die Frauenzeitschriften oder typische Frauenbücher anschaue…

Die deutsche Schriftstellerin Irmtraud Morgner (1933-1990) hat mal gesagt :
"Der schlimmste Fehler von Frauen ist ihr Mangel an Größenwahn."  Und da ist was dran: Wer sich auf dem Kunstmarkt bescheiden gibt, geht unter. Alphatiere überall, die sich aufplustern und schlaue Sprüche klopfen, damit die Medien was zum Zitieren haben.
Von Damien Hirst lernen heißt siegen lernen. Oder man gibt sich geheimnisvoll wie Neo Rauch, der sagt einfach nix – lässt nur andere über sich reden, das reicht in seinem Fall auch.

Versuchen wir also, das Thema Frauen und Kunst ein wenig aufzubröseln.

Fangen wir mit dem Interesse an:

Ich schätze den Anteil weiblicher Besucher bei Vernissagen und Ausstellungen auf 80 %.
Oft kommen Männer nur als Begleiter ihrer Frauen mit zur Eröffnung. Frauen sind viel interessierter an Kunst als Männer. Aber es kaufen viel mehr Männer ein Kunstwerk als Frauen. Was sie sehr interessiert, wollen sie besitzen. Frauen wollen schauen und selbst produzieren, aber nur selten kaufen. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.
In den Malkursen der Volkshochschulen sind Männer Exoten. „Oh wie schön“, heißt es dann, „ein Mann unter uns.“ Und wenn Paare gemeinsam Urlaub in der Toskana oder in Andalusien machen, besucht die Frau vielleicht einen Aquarellkurs und der Mann legt sich derweil an den Strand oder besucht die nächste Bar.

In der Kunstszene sind Frauen zahlreich und einflussreich wie nie: Galeristinnen gestalten heute Karrieren und Preise. In den Museen übernehmen zunehmend Frauen die Leitung. Die documenta wurde schon zum zweiten Mal in ihrer fast 60-jährigen Geschichte von einer Frau kuratiert. Die detailreichste Studie zur Situation von Frauen in Kunst und Kultur hat der Deutsche Kulturrat 2004 auf Bitten der Kultusministerkonferenz erstellt. Sie bezieht sich auf Erhebungen aus den Jahren 1995 bis 2000. Danach sind die Studentinnen an den Kunsthochschulen mit etwa 60 Prozent klar in der Überzahl. Bei Preisen und Stipendien liegen junge Künstlerinnen und Künstler noch gleichauf. Dann öffnet sich die Schere, ein Teil der Künstlerinnen wird unsichtbar. Während Männer ihren Verdienst steigern, stagniert das Einkommen ihrer Kolleginnen.
Noch vor zehn Jahren war nur jede fünfte Professur mit einer Frau besetzt. Heute ist an der Berliner Universität der Künste zum Beispiel ein Drittel der Professorenschaft weiblich. Allerdings werden nur drei von bundesweit 19 Kunsthochschulen von einer Rektorin geleitet.

"Wenn Renommee im Spiel ist", sagt Leonie Baumann, die Rektorin an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, "dann besetzen immer noch Männer den Job". Sie vermutet, dass viele ihrer Studentinnen nach dem Abschluss im Familienknick hängen bleiben. Der globalisierte Kunstbetrieb erfordert ein hohes Maß an Mobilität. Während Spitzenverdiener wie Damian Hirst oder Jeff Koons mit der ganzen Familie reisen, bleibt die Berufseinsteigerin eher in der Nähe ihrer Kinder. ( geschätztes Vermögen von Damian Hirst: eine Milliarde Dollar)

Am deutlichsten ist die Veränderung in den Museen zu spüren, auch wenn die ganz großen Tanker von Männern gelenkt werden. Von den 18 führenden Kunstmuseen, die sich einmal zum Leipziger Kreis zusammen geschlossen haben, werden heute vier von einer Frau geleitet: in Chemnitz , Karlsruhe, Düsseldorf und demnächst Stuttgart . Zählt man die Kunsthallen und Kunsthäuser dazu, steigt die Zahl auf elf Direktorinnen. Nach dem Bericht des Deutschen Kulturrates ist insgesamt ein Viertel der Direktoren weiblich. In den großen Museumsverbänden führen Frauen einzelne Häuser, übernehmen die Stellvertreterposition oder sind als Kuratorinnen tätig. Im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt ist Gleichstellung kein Thema. Im MMK herrscht ein völlig ausgeglichenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen, das reicht bis hin zu den Erwerbungen.

 cindy sherman Als Monika Sprüth vor fast 30 Jahren in Köln ihre Galerie eröffnete, lenkte sie die Aufmerksamkeit auf Namen wie Jenny Holzer, Cindy Sherman oder Rosemarie Trockel. Heute gehören die Künstlerinnen der Galerie zu den Topverdienerinnen in der Kunstwelt. Aber das ganz große Spiel um die Millionen werde weiterhin von Männern gestaltet, sagt Sprüth. "Ein Bild von Cindy Sherman wurde für über zwei Millionen Dollar verkauft, ihre neuen Arbeiten liegen aber bei 500.000 Dollar. Da fängt Jeff Koons erst an. Ist Jeff Koons bedeutender als Cindy Sherman?" Die Lust an der Macht des Geldes konnte die Galeristin weder bei Sammlerinnen, noch bei Künstlerinnen oder ihren Kolleginnen im gleichen Maß beobachten. Als Beispiel führt sie Damian Hirst an, der am ersten Tag der Finanzkrise fast 300 Werke bei Sotheby’s in die Auktion gab, ohne seinen Galeristen einzuschalten. "Das Spiel, dass der Preis des Werkes die Bedeutung des Künstlers manifestiert, spielen männliche Künstler gerne mit." Frauen eher nicht. In diesem Wettbewerb setzt sich aber nur durch, wer entschlossen genug ist. "Man muss diese Macht wollen", sagt Sprüth, "man muss diese Machtspiele auch in der Konkurrenz mitspielen wollen".

 Foto Cindy Sherman

Künstlerinnen gab es schon sehr viel früher als erst im 19. und 20. Jahrhundert.

Bis zum 15./ 16. Jahrhundert gab es noch keine Künstler oder Künstlerinnen im heutigen Sinne. Im Mittelalter sah man die Kunst als Handwerk an, die in Zünften organisiert war. Die Frauen waren zu dieser Zeit in der Regel juristisch unmündig und ökonomisch abhängig vom Vater oder vom Ehemann. Manchmal hatten sie die Möglichkeit, den Zünften beizutreten, aber wenn sich die ökonomischen Verhältnisse verschlechterten oder es einen Überschuss an Arbeitskräften gab, wurden sie meist aus den Zünften verdrängt.
In der Regel stammten die kunstschaffenden Frauen aus Künstlerfamilien und waren meist Töchter von Künstlern. Sie lernten und arbeiteten im familiären Betrieb. Da sie dort häufig anonym oder im Namen des Meisters arbeiteten, ist ihre Tätigkeit heute nur mangelhaft überliefert; meist ist es unmöglich, ihre Namen und Werke auszumachen. Außerdem passten sie sich künstlerisch den Vorgaben des Auftrags an, so dass im Nachhinein meist kein eigener Stil zu erkennen ist, was die Zuschreibung zusätzlich erschwert.
 Wollten sich Frauen künstlerisch bilden und kamen nicht aus einer Künstlerfamilie, dann war das Kloster eine Alternative. Viele Malerinnen, Illustratorinnen oder Textilkünstlerinnen (Stickerinnen, Weberinnen) waren Nonnen, die zum Teil für ihre künstlerischen Werke über die Klostergrenzen hinaus bekannt oder geschätzt wurden; allerdings war das Kloster nur für Töchter höherer Schichten zugänglich. 
Im ausgehenden 13. Jahrhundert verlagerte sich die künstlerische Produktion und Intellektuelle Bildung nach und nach aus dem Kloster heraus an die neu gegründeten Universitäten. Da Frauen jedoch zu den Universitäten nicht zugelassen wurden, hatten sie noch weniger Chancen, eine den Männern vergleichbare Bildung zu erlangen.
Mit dem ausgehenden 16. Jahrhundert vollzog sich eine Trennung zwischen Kunst und Handwerk, der Zunftzwang wurde aufgehoben. Man verstand den Künstler nun weniger als Handwerker, sondern nach und nach als intellektuellen Schöpfer, als kreativen Geist, der bei einem Meister in die Lehre ging. Dies setzte eine entsprechende Bildung voraus, die nicht nur die Künste umfasste, sondern auch Unterricht in den Fächern der Mathematik, der Perspektive, der Anatomie etc. Frauen war es nicht möglich, regulär in eine Lehre zu gehen bzw. sich die nötige umfassende Bildung erteilen zu lassen. Sie dienten den Künstlern höchstens als Modell oder als Objekt ihrer Werke. Während die Ausbildung der Künstler also professioneller wurde, blieben die Künstlerinnen auf sich gestellt und damit begrenzt in ihren Ausbildungsmöglichkeiten. Die Professionalisierung des Künstlerberufes wertete somit die Arbeiten der kunstschaffenden Frauen gleichzeitig ab. Frauen sollten sich eher im familiären Bereich betätigen.

Die neu gegründeten Kunstakademien (im 16. Jahrhundert zuerst in Italien) waren zunächst eher unorganisierte Vereinigungen. Man traf sich privat in den Häusern der Künstler, tauschte sich dort aus und zeichnete nach Modell oder Gipsabgüssen. Eine nach Regeln aufgebaute Akademie, die Unterricht anbot und hierarchisch aufgebaut war, entstand während der Epoche des Manierismus, da man jetzt annahm, dass Kunst lehr- und lernbar sei. (Manierismus (italienisch maniera ‚Art und Weise, Manier‘) bezeichnet in der Kunstgeschichte die Übergangsform zwischen der Renaissance und dem Barock ) Die Kurse an den Akademien im 17. Jahrhundert boten zum Beispiel „Zeichnen nach antiken Skulpturen oder Modell“an, es gab Vorträge in Anatomie und Proportion, Perspektive, Clair-obscour – zu deutsch: hell-dunkel-Malerei. Frauen hatten zu den Kunstakademien noch immer keinen Zutritt. Sie blieben also von den Neuerungen auf dem Gebiet der Kunst ausgeschlossen. Einige Akademien nahmen in Ausnahmefällen eine berühmte Künstlerin als Ehrenmitglied auf, allerdings ohne Möglichkeit eines Unterrichtsbesuches, einer Lehrerlaubnis gar oder die Beteiligung an Ausstellungen.
Für Frauen wurde somit die Grenze zwischen Professionalität und Dilettantismus immer deutlicher gezogen. Meist blieb ihnen nur eine private Malschule oder die Lehre bei einem Meister, was allerdings selten vorkam, wenn sie nicht das Glück hatten, einen solchen in der Familie oder im Bekanntenkreis zu haben. Abgesehen davon, dass die Ausbildung an einer Privatschule erheblich teurer war als der Unterricht an einer Kunstakademie, bedeutete der Ausschluss von den Akademien auch eine große Beeinträchtigung hinsichtlich des Umfangs der Ausbildung - keine private Malschule konnte das umfassende Wissen vermitteln, dass an den Akademien gelehrt wurde.
  Labille-Guiard,_Self-portrait_with_two_pupils-klSo verwundert es nicht, dass Künstlerinnen wegen fehlender Exaktheit der Darstellung und Zeichnung kritisiert wurden; darüber hinaus bemängelte man die ungenaue bzw. anatomisch falsche Darstellung von Körperproportionen. Für künstlerisch qualifiziertes Arbeiten fehlten den Frauen schlichtweg die Voraussetzungen. Zum Beispiel das Aktstudium: theoretisch war es den Frauen möglich, Aktbilder von Männern zu kopieren, allerdings war dies nur eine mangelhafte Alternative zu einem echten Modell. Das Frauen in der Porträtkunst oft erfolgreich waren, kann unter anderem auch damit erklärt werden, dass sie die Köpfe – im Gegensatz zu dem Rest des menschlichen Körpers – ungehindert studieren konnten.
 Nicht selten schufen die Künstlerinnen Selbstporträts oder sie malten Blumen und Stillleben - Bildinhalte aus dem für sie zugänglichen, häuslichen Bereich.
Historienbilder, die anatomisches Wissen voraussetzten, wurden nur selten geschaffen.
Die meisten Künstlerinnen blieben auch bei der Malerei. Die Bildhauerei blieb eine typisch männliche Domäne, die abgesehen von exakten anatomischen Kenntnissen auch physische Kraft verlangte - die man den Frauen absprechen musste. Neben der Malerei blieben für die Frauen die Stickerei, die Weberei, die Mosaikkunst, die Porzellanmalerei, Glasmalerei, die Herstellung von Miniaturen, Medaillen oder Kopien.

Als im 18. Jahrhundert der Status des Künstlers durch die Romantik nochmals gesteigert wurde auf den Rang des genialen Schöpfers, der auf eine lange Berufsgeschichte zurückblicken kann und seine Fähigkeiten an einer Akademie erlernt hatte, blieben die Frauen weiter ausgegrenzt und in den familiären Bereich gedrängt.
Ein besonderes Handicap war dabei die Begleitpflicht. Eine Frau hatte sich draußen nicht allein aufzuhalten (Saudi Arabien lässt grüßen! ). Eine Zeitgenossin schrieb:
Ich beneide die Leute um ihre Freiheit, allein spazieren gehen zu dürfen, sich auf die Bänke des Gartens der Tuilerien und besonders des Luxembourg setzen zu dürfen und vor den Schauläden der Kunstanstalten stehen zu bleiben, in die Kirchen und Museen hineinzugehen und des Abends in den alten Straßen herumzulaufen. Ja, darum beneide ich sie, und das ist die Freiheit, ohne die man kein wahrer Künstler werden kann. Glaubt ihr vielleicht, man habe Nutzen von dem, was man sieht, wenn man immerfort in Begleitung ist und wenn man, um in den Louvre zu gehen, auf den Wagen, auf seine Gesellschafterin oder seine Familie warten muß? O verflucht! Dann rase ich darüber, daß ich ein Weib bin! “
Für die Frauen – insbesondere für die Künstlerinnen – war die Begleitpflicht ein erheblicher Nachteil, bedeutete es doch, auf wichtige Erkundungen und künstlerische Studien in der Landschaft oder in der Stadt zu verzichten, oder iKäthe Kollwitzmmer begleitet und reglementiert zu werden.

 Käthe Kollwitz (1867-1945) berichtete: “Wofür ich den Eltern immer sehr dankbar gewesen bin, das ist, dass sie Lise (gemeint ist Käthes Schwester) und mich stundenlang nachmittags in der Stadt umherstreifen ließen. Dieses scheinbar planlose Bummeln war meiner künstlerischen Entwicklung sicherlich förderlich. Wenn meine späteren Arbeiten durch eine ganze Periode nur aus der Arbeiterwelt schöpften, so liegt der Grund dazu in jenen Streifereien durch die enge, arbeiterreiche Handelsstadt.”
Aufgrund der gesellschaftlichen Zwänge war es jedoch in den meisten Fällen unmöglich, sich alleine auf Reisen zu begeben; die Künstlerinnen wurden von der Mutter oder anderen weiblichen Verwandten begleitet.

Allgemein zeigte die Öffentlichkeit im 19. Jahrhundert ein stärkeres Interesse an der Kunst, die Kunstproduktion stieg, Ausstellungsmöglichkeiten wurden erweitert.

Auch Künstlerinnen konnten sich nun verstärkt an Ausstellungen beteiligen. Private Malschulen und Ateliers anderer Künstlerinnen boten Frauen die Möglichkeit einer Ausbildung. Der Privatunterricht blieb jedoch kostenintensiv und setzte voraus, dass die Eltern/Familien der Künstlerinnen diesen finanzieren konnten; die Künstlerinnen kamen daher meistens aus höheren bürgerlichen Kreisen. Ihre Werke beschrieb die Presse oft als „anmutig“, „lieblich“ oder „reizend“. Solche Begriffe dienten auch dazu, Werke von Frauen als nett, aber unbedeutsam zu klassifizieren. Oft zu Recht – aber es gab auch Reihe von Malweibern“ wie Paula Becker-Modersohn, Ottilie Reylaender, die Bildhauerin Clara Rilke-Westhoff. Alles tolle Künstlerinnen, anfangs aber auch wieder eher bekannt geworden durch ihre Ehemänner, Otto Modersohn, Rainer Maria Rilke. Und heute? Hätte Yoko Ono ohne die Ehe mit John Lennon so große Bedeutung erlangt? Frieda Kahlo ohne ihre Verbindung zum berühmten mexikanischen Maler Diego Rivera, der aufgrund seiner riesigen politisch-revolutionären Wandbilder (Murales) bereits weltberühmt war?

  (Paula Becker Modersohn , Elvira Bach , Frieda Kahlo , Ottilie Reylaender , Gabriele Münter, Yoko Ono, Rosemarie Trockel)

 170px-Moderson-Becker_-_Selbstbildnis_mit_zwei_Blumen - 1907  Elvira Bach1  frida kahlo ReylaenderGabriele Münter2  yoko ono Trockel

In Deutschland wurden 1919 die Frauen den Männern per Gesetz gleichgestellt. In der Folge ließen auch die deutschen Kunstakademien Frauen zum Kunststudium zu.

Liebe Kunstfreunde, ich möchte keine historische Abhandlung entwerfen, deshalb lasse ich die Entwicklung in der Weimarer Zeit und im Nationalsozialismus mal aus. Stellen wir nur fest: Seit sehr sehr langer Zeit sind die Frauen in ihren Möglichkeiten, sich als Künstlerin zu etablieren, den Männern gleichgestellt. Ihre historische Benachteiligung kann also nicht herangezogen werden, um folgende Aussage zu erklären: Wo immer ich berühmter und eigentlicher Kunst begegnete, stammte sie von Männern, und wo immer ich auf Ergebnisse künstlerischer Betätigung von Frauen traf, handelte es sich um Dinge, denen kein besonderer Wert beigemessen wurde und die die Menschheit nicht gerade erschütterten.( Künstlerin Gisela Breitling)
Wenn wir uns die Kunstgeschichte ab 1900 ansehen, den Impressionismus, den Expressionismus, den Kubismus, den Dadaismus usw.usw., so tauchen Frauen zwar als Teilnehmer an diesen Entwicklungen auf, aber nie als Begründer, Gestalter oder Entwickler.

  Gleichstellung der Frau-kl
Dies änderte sich erst mit der Emanzipationsbewegung der 60/70ger Jahre. Ausgelöst durch die Studentenbewegung wandten sich Frauen gegen die Ungleichheit der Geschlechter in allen Bereichen. Sie forderten die soziale und ökonomische Gleichberechtigung. Dies blieb auch für die Kunst und für das Fach Kunstgeschichte nicht ohne Folgen. Wie die Feministinnen allgemein kritisierten auch die Künstlerinnen das patriarchalische System der Gesellschaft. Die Museen, Galerien, der Kunsthandel und die Akademien waren bis dahin fest in männlicher Hand. Das Ziel der neuen Frauenbewegung war zunächst, dies sichtbar zu machen, die Benachteiligung und Diskriminierung der Frau. Die Künstlerinnen schreckten nicht davor zurück, sich direkt und plakativ auszudrücken – gegebenenfalls auch Gefühle zu verletzen. Sie machten das Private zum politischen Thema, und es ging ihnen um die „Demontage der herrschenden Männerfantasie von der Frau als Objekt“. Oft wählten die Künstlerinnen Materialien und Techniken, die als typisch weiblich galten, zum Beispiel aus dem Bereich der Handarbeiten. Lockenwickler, Büstenhalter, Hygieneartikel etc. dienten als Symbole der Unterdrückung der Frau. Neue radikale und ironische Inhalte sorgten für großes mediales Interesse. Die Künstlerinnen vermittelten ihre Thesen weniger über die klassischen Kunstgattungen und Genres, vielmehr wählten sie moderne Ausdrucksmöglichkeiten wie Aktionskunst, Fotografie, Video und Installation. Diese neuen Techniken und Medien waren noch eher unbesetzt und unverbraucht. Nach und nach gelang es den Feministinnen, ein Bewusstsein für das Problem der Ungleichheit in der Gesellschaft zu schaffen. Die Forschung zur Kunstgeschichte begann nun, sich mit den Frauen in der Kunst zu befassen, und es entstand ein neues Selbstbewusstsein bei den Künstlerinnen.
In Europa hatten die Künstlerinnen der siebziger Jahre mit ihrer aktionistischen oder feministischen Kunst viel bewegt. Auf dem Kunstmarkt spielten sie jedoch keine Rolle und sie fehlten in den großen Sammlungen. Erst zu Beginn der achtziger Jahre gab es für einzelne Künstlerinnen eine Nachfrage.
Mit der Auflösung der Frauenbewegung Ende der siebziger Jahre entschärfte sich auch die Radikalität der Themen und die feministischen Tendenzen in der Kunst von Frauen. Das Anliegen der Feministinnen war jetzt, sich von den patriarchalen Strukturen zu lösen. Man ging nicht länger von einer anzustrebenden Gleichheit der Geschlechter aus, sondern von ihrer Differenz. In der Folge entstanden Frauenzeitschriften, Frauengruppen, Frauen Buchläden, Künstlerinnen-Archive, Galerien für Künstlerinnen und Kunstausstellungen, die sich nur mit Frauen befassten. Man versuchte sich abzugrenzen.
Dann kamen neue Themen hinzu, Aids, ethnische Fragen, die Rolle der Kriege - auch diese Themen wurden von den Frauen aufgegriffen. Gegen Ende der achtziger Jahre war die Frauenpolitik weniger provokativ, sondern eher institutionell orientiert. Zudem wollten sich viele Künstlerinnen in ihren Arbeiten auch nicht länger nur mit sich selbst beschäftigen. Besonders die jüngeren zeigten weniger Interesse an frauenspezifischen Zusammenhängen, vielleicht auch, weil dies einem Verkauf nicht förderlich war. – Denn wie anfangs gesagt: Meist kaufen Männer die Kunst.

Die Einkommenssituation stellt sich für Künstler im allgemeinen sehr schwierig dar; die meisten sind auf zusätzliche Einnahmen aus Nebenjobs angewiesen. Die Studie des BBK (Bund bildender Künstler) und die Statistiken der Künstlersozialkasse zeigen, dass kunstschaffende Frauen ein geringeres Jahreseinkommen haben als Männer. Für Künstlerinnen ist es noch schwieriger, weil sie aus dem Verkauf von Kunstwerken im Durchschnitt weniger Erlös erzielen.
Zu der finanziellen Beschränkung kommt noch eine Mehrfachbelastung durch die Familie hinzu. Die alte Rollenverteilung greift nach wie vor, nur führt sie jetzt eher zu einer Doppelbelastung. Auf der einen Seite der Beruf, in unserem Fall die Kunst- auf der anderen Seite die Verpflichtung gegenüber der Familie und den Kindern. Viele Künstlerinnen haben das Gefühl, keiner Aufgabe gerecht werden zu können. Sie sind nicht souverän. Der Kunstmarkt verlangt von Künstlern und Künstlerinnen ständige Präsenz vor Ort. Wer Erfolg haben will, muss sich engagieren, muss Kontakte mit Galeristen und Sammlern knüpfen, muss ein Werbefachmann in eigener Sache sein. Künstler müssen sich und ihre Kunst vermarkten. Schüchterne Menschen haben dabei keine Chancen, egal ob männlich oder weiblich.
Diese Vermarktung allerdings setzt einen hohen zeitlichen Einsatz und viel Ehrgeiz voraus, den Künstlerinnen mit Familie nur schwer erbringen können. Sie fühlen sich vor die Wahl gestellt, zumal der Beginn der Karriere oftmals in die Zeit der Familiengründung fällt.
 Die größte Gruppe unter den Künstlerinnen waren 1987 die Alleinlebenden. Die aktuellste Umfrage aus dem Jahr 2008 ergab, dass die meisten Künstlerinnen und Künstlern heute mit einem Partner zusammen leben – und sofern sie jung sind, meist ohne Kinder. „Es ist sehr günstig, wenn Künstlerinnen einen gut verdienenden Mann kennen lernen und heiraten - er kann sie in seinem Umkreis auch fördern und sie kann in Ruhe ihre Kunst weiter entwickeln. Ich kenne alleinerziehende junge Künstlerinnen, die in schrecklichen Verhältnissen leben. … Man muss sich die Kunst leisten können.Nana - Niki de Saint Phalle“  

  Noch etwas fällt auf: während Männer eher in den Bereichen der Bildhauerei oder „Kunst im öffentlichen Raum“ arbeiten – wo es also Investmentgeld gibt - , überwiegen die Frauen im Bereich der Installation oder auch der Videokunst. Ich denke, auch dies erklärt, warum Frauen in der Kunst weniger verdienen. (Skulptur von Niki de Saint Phalle)

Weiter: es gibt heute viel mehr Galeristinnen, und es werden immer mehr Werke von Künstlerinnen ausgestellt. Kunstpreise erhalten Sie meistens noch nicht. Aber: “Wer ausstellt, hat einen Katalog; wer einen Katalog hat, wird von der Fachwelt wahrgenommen; wer von der Fachwelt wahrgenommen wird, hat Chancen auf Würdigung durch einen Preis; wer einen Preis erhält, bekommt bessere Ausstellungschancen.”
Im bekannten Capital–Kunstkompass (seit 1970) , der die 100 bedeutendsten und erfolgreichsten Künstler der Gegenwart aufzeigt, erreichten Künstlerinnen erst 1990 zehn der 100 begehrten Plätze; zuvor waren es 4-6 Frauen. An den Kunstakademien studieren mehr als 50 % Frauen, es gibt aber nur 20,5 % weibliche Lehrkräfte und 8,6 % Professorinnen.

Auch auf dem Kunstmarkt sind die Werke von Künstlerinnen unterrepräsentiert. Das liegt zum einen an den Themen, zum anderen daran, dass sich Kunst für viele Käufer als Kapitalanlage bewähren muss; eine Video-Installation, die keinen steigenden Wert hat, ist uninteressant.

Man muss insgesamt wohl feststellen: die Gleichberechtigung ist dann erreicht, wenn mittelmäßige Künstlerinnen überall genauso häufig vertreten sind wie mittelmäßige Künstler.

Nicht mittelmäßig sind auf jeden Fall Niki de Saint Phalle, Cindy Sherman, Elvira Bach, Frida Kahlo, Gabriele Münter, Paula Becker-Moderson, Yoko Ono – um einige der bekanntesten zu nennen. Sie haben vornehmlich Frauenportraits geschaffen und Portraits von sich selbst. Ich, die Frau. Mein Leben.
Sie waren und sind souverän. Und deshalb gute Künstler.